"Streik"


(in einem Großbetrieb in der DDR 1983)
20/21

Die nächsten beiden Tage waren recht durchmischt. Einerseits kamen die verschiedensten Kollegen vorbei. Teils unter Vorwand, teils einfach so auf einen Schwatz. Rein zufällig alles freilich, aber doch arg auffällig. Wie in einem Taubenschlag. Auch aus der Leitungsebene ließ sich der eine oder andere sehen, ohne das Geschehnis anzusprechen. Andererseits bekamen wir auch unsere Rotlichtbestrahlung. Die Parteileitung wurde vorstellig, um uns an die Gepflogenheiten im real existierenden Sozialismus zu erinnern. Die Betriebsgewerkschaftsleitungen der verschiedensten Ebenen mahnten uns, unsere Pflicht als klassenbewusste Werktätige zu erfüllen. Das Wort Streik fiel dabei nie.
Insgesamt erfüllte uns die Angst, daß die ganze Angelegenheit auf eine prinzipielle Ebene gehoben werden würde und wir uns damit enorme Scherereien einhandeln würden. Alles lief darauf hinaus, daß der Freitag die Entscheidung bringen sollte. Es war der vierte Tag an dem wir nicht arbeiteten.
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