"Streik"


(in einem Großbetrieb in der DDR 1983)
18/21


Halb Neun traten sieben Grünkittel und zwei Graukittel in die Werkstatt. Erstere von der Abteilung. Sie meinten, daß wir wohl Fragen hätten und sie hier wären, um diese zu beantworten.
Aber zuerst wollten sie die Lage schildern. Ich erwartete wohl nicht als einziger erstmal einen Vortrag über die Wichtigkeit der Stromerzeugung für die sozialistische Produktion und das Wohlbefinden der werktätigen Bevölkerung. Aber nein, es ging gleich zur Sache.
Die beiden Graukittel stellten sich als Arbeiter-und-Bauern-Inspekteure vor und umrissen ihre Aufgabe, daß sie Schluder, Pfusch und Geldverschwendung aufdecken sollten. Es ginge ja um Eigentum des Volkes.
Sie schilderten ihre Messtätigkeit. Und da waren wir bei den 80 Prozent. Warum sie bei dieser Leistung messen würden. Sie schauten uns etwas unverständig an. Es sei doch genau die Leistung, für die die Kraftwerkskessel im Dauerbetrieb ausgelegt wären. Der ganze Instandhaltungsplan, die Materialzulieferung und der Gesundheits- und Arbeitsschutz orientiere sich an dieser Nennleistung. Das meinten die ernst. Sie wären vor drei Tagen unangemeldet hier angekommen und die Kessel wären mit 80 Prozent gefahren.
Das war uns auch aufgefallen, hatten es aber auf die anstehenden Wartungsarbeiten geschoben, daß die Kessel nicht so brüllten und auch die Luft recht atembar war.
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