Finde es schon irgendwie traurig/beleidigend/lächerlich, wie alle (Politiker/Parteien/"Experten") immer über #Bürokratieabbau sprechen und damit aber ausschließlich(!) meinen, dass für Unternehmen weniger Regeln gelten sollen. Wisst Ihr, was wirklich helfen würde? Kleine Story:

Ich habe vor ein paar Tagen einer Bekannten mit Formularen geholfen. Sie bekommt Geld vom Jobcenter, also vom Staat. Das Jobcenter verlangt jetzt, dass sie einen Kinderzuschlag beantragt, also Geld vom Staat. Der Grund?

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Den Kinderzuschlag zahlt die Familienkasse, also nicht das Jobcenter. Das Jobcenter würde stattdessen den Betrag entsprechend (um genau 100% des Kinderzuschlags!) kürzen.

Mit anderen Worten: Das *gleiche* Geld würde vom *gleichen* Geldgeber in *gleicher* Höhe zur *gleichen* Person kommen. Nur statt über einen Weg dann über zwei. Also maximal ineffizient und umständlich bereits auf Seiten der Behörden allein. Und was musste sie dafür tun? Haufenweise Formulare ausfüllen.

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Über sich selbst, über das Kind, über Einkommen, Vermögen, Ausgaben usw. Alles übrigens Daten, die dem Jobcenter natürlich längst vorlagen (sonst würde es ja nicht bereits Geld bezahlen). Selbst die Daten, die das Jobcenter nicht hatte, hätte es ohne Probleme (und kommt mir jetzt nicht mit #Datenschutz!) vom Finanzamt oder einer anderen Behörde bekommen können. Natürlich auch schneller, genauer, weniger fälschungsanfällig usw.

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Die Formulare sind natürlich in feinstem Beamtendeutsch geschrieben, das kein normaler Mensch versteht.
Ich will nicht eingebildet klingen, würde mich aber schon als "Bürokratie-Profi" und sowohl in der Deutschen Sprache als auch insgesamt eher als gut gebildet bezeichnen. Die Bekannte hat ein abgeschlossenes Studium.
Wir blicken da nicht durch! Die Formulare und Ankreuzmöglichkeiten kann man nur verstehen, wenn man im Jobcenter arbeitet! Oder vielleicht Fachanwältin für Sozialrecht ist.

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Diese dämliche Aktion frisst also Tage(!) der Betroffenen, Stunden meiner Zeit und wasweißich wie viele Personenmonate in den Ämtern. Von dem Geld, das hier verbrannt wird (und dadurch, dass wir beide in der Zeit nicht gearbeitet haben, auch volkswirtschaftlich verloren wurde!), hätten wir vermutlich 3 Familien ein Leben lang unterstützen können.

Aber klar, unsere Wirtschaft kriegen wir nur in den Gang, wenn Baufirmen Asbest wieder in Vorgärten vergraben dürfen! #smh

#smh

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Beruflich Stelle ich viele Anfragen zu amtlichen Auskünften oder Akteneinsicht. Sehr oft muss ich nach der Mail mit der Anfrage nochmal gesondert bestätigen, dass ich berechtigt bin, eine Anfrage zu stellen, die Kosten auslöst.
Das ist jedes Mal so absurd und keiner konnte mir bisher beantworten, warum es sinnvoll sein soll, dass ich selbst bestätige, dass ich berechtigt bin, diese Kosten auszulösen. Was ein hin und her.
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Man weiss doch, die ganzen BG empfänger haben alle zeit wie heu !!!

also können die doch mehrfach im monat irgendwo hin traben und dann stundenlang rum sitzen (Kinder und Co. passiert alles von selbst )

Beim bürokratie abbau geht es immer nur um kosten sparen.

die wollen auch das Telefonische krankschreiben wieder abschaffen. weil ja mehr leute krank sind (was nicht stimmt. es ist einfach nur sichtbarer geworden)

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dazu : chaos.social/@plinubius/113955…


Tobias Kruse beschreibt in "Warum die Welt nach rechts rückt" mastodon.social/@sixtus/113935… das Phänomen der Lust an der Zerstörung. Danke @sixtus für den Lesetip! Es gehe tatsächlich darum, das politische System zu beschädigen. Ich kenne diesen Impuls. Geschichten wie diese: ohai.social/@frederik/11395332… erleben sehr viele, nicht nur Prekarisierte! Untätige Kommunalbeamte, untätige Gerichte, absurde Fördermittelantragsverfahren, uvm. Ich erlebe das auch bei Mitarbeiter·innen öffentlicher Einrichtungen.

Als Antwort auf Fred

Da beim Kinderzuschlag mWn kein Formularzwang herrscht, den Ball einfach zurückspielen. Formlosen Antrag stellen und dann die Behörde mit detaillierten Nachfragen zu jedem einzelnen Punkt um Erläuterung bitten, am Besten konsekutiv für jeden einzelnen Punkt, der im Formular abgefragt wird und nicht parallel. So Lange wirkst du ja mit, sodass ein Versagungsbescheid nicht in Betracht kommt. Und damit hat auch das Jobcenter keine Handhabe.

On a more serious note: noch schlimmer ist das Verhältnis zum Wohngeld. Da werden Leute zur Antragstellung aufgefordert, obwohl voraussichtlich kein Anspruch besteht, nur damit das Jobcenter vom Wohngeldamt mit dem Ablehnungsbescheid bestätigt bekommt, dass ein Anspruch nicht besteht.

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Nicht ganz so krass und eher nur nervig:

Ich wollte aus dem Stadtarchiv die Baugenehmigung des neu erworbenen Hauses haben. Habe mir die Webseite dazu durchgelesen und das entsprechende Formular gefunden. Ausgedruckt, ausgefüllt, Kopie des Grundbuchauszugs und ein Anschreiben hinzugefügt und in die Post gegeben.

Stellt sich heraus, ich brauche einen Termin, muss vor Ort sein, das Formular persönlich übergeben und beim Kopieren zuschauen.

Der Termin ist im Mai ...

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wauz ワウズ

@fiee
In dem Moment, in dem man begreift, dass Marx aus einem volkstümlich 'soziologischen' Klassenbegriff einen klar definierten ökonomischen Begriff gemacht hat, eröffnet sich einem die ganze Welt der ökonomischen Machtausübung. Mit "Klasse" entsteht dann auch "Klasseninteresse". Marx steht in vieler Hinsicht in der Tradition der Aufklärung. Seine "Theorie" ist Werkzeug des Selber-Denkens, keine Handlungsanleitung.
Genau genommen kann auch ein kapitalistischer Manager Marx'sche Theorie zum Ausgangspunkt seines Planung und Handlung machen.
@Taubeaufdemdach @expertenkommision_cyberunfall @frederik @glueckstein
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@fiee
Das Problem ist, dass Karl Marx und Friedrich Engels unglaublich viel verarbeitet haben und daher auch ein Output generiert wurde, der bis heute noch nicht komplett erfasst wurde. Wer sich da hineinstürzt, müsste im Prinzip auch einen Überblick über zeitgenössische Literatur erarbeiten. Das kann keiner allein. Ich auch nicht. Es bleibt daher gar nicht aus, dass man das macht, was die beiden Autoren eh im Sinn hatten: das mit den heutigen Erkenntnissen kombinieren und dann für die heutige Zeit Schlüsse zu ziehen.
Die gewaltigen Umwälzungen in der Physik (Relativitätstheorie und Quantenmechanik) haben Spuren in der philosophischen Basis hinterlassen: die prinzipielle Erkennbarkeit der Welt hat Grenzen bekommen. (Nur mal als Beispiel)
Der Kapitalismus selbst hat sich entwickelt und tut dies noch. Wobei der destruktive Anteil, von dem schon im "Manifest" die Rede war, immer deutlicher zum Vorschein kommt.
Eigentlich müssten auch Kapitalisten als Klasse ein Interesse an der Erhaltung der Welt haben. Aber die Kapitalistenklasse ist in sich selbst unfähig, das Problem zu lösen, weil ihre eigenen Mechanismen der Konkurrenz untereinander das unmöglich machen. Genau diese Krise ist die Ursache für den Faschismus in den USA und die faschistischen Tendenzen in Europa (und anderswo).
Lenins Wahrheitskriterium (die Brauchbarkeit einer Theorie macht sie wahr) ist da hilfreich. Wir brauchen zwar so viel Theorie wie möglich, aber wir müssen (als ganze Gesellschaft, als Arbeiterklasse) handeln, sobald wir ein ausreichendes Verständnis der Situation haben.
Marx hat klar gemacht, dass das der Disruption bedarf und nicht (allein) evolutionär/reformerisch erreicht werden kann.
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@fiee
Da bist du ein bisschen voreilig. Es fängt damit an, dass Marx schon von sich selber sagte, er sei kein Marxist. Leute, die heute behaupten, Marxisten oder Marxisten-Leninisten zu sein, neigen dazu, ein (im Kern sehr bürgerliches) Lehrgebäude errichten zu wollen, das in sich Handlungsanleitung ist. Und gerade auf dieser Basis beruhen auch Vorwürfe gegen Lenin, er habe die Revolution verraten. Es gab einfach keinen Fahrplan zum Sozialismus (so etwas wird seit Gramsci unter der Bezeichnung Transformationstheorie diskutiert), der hätte verraten werden können. Schon der konterrevolutionäre Bürgerkrieg der Weißen (der eigentlich ein Interventionskrieg v.a. seitens des UK war) hat gezeigt, dass es mit "Revolution" nicht getan ist. Es gab wirtschaftliche Notwendigkeiten, die man befriedigen musste, ohne dass man die Zeit hatte, komplett neue Organisationsstrukturen zu entwickeln. Ein Beispiel für diese Probleme bietet gerade der "Matrosenaufstand von Kronstadt". Vor etwa zwei Jahren ist ein Buch erschienen, in dem diese Geschichte aus anarchistischer Sicht analysiert wurde und auch diese Autoren kamen zu dem Schluss, dass sich der Kern der Gruppe von (zwielichtigen) Einflüssen von außen dazu verleiten ließen, keine Kompromisse machen zu wollen, obwohl damit ihre Niederlage schon feststand.
Insgesamt will ich Vorwürfe des Verrats gegen Lenin nicht gelten lassen. Bei Stalin später wird es dann schwieriger.
Wir haben es mit historischen Personen zu tun. Eine Parteinahme wäre daher ziemlich sinnlos. [Mich erinnert das an die Dinge, die Paulus in den Korintherbriefen beschreibt: "Ich bin des Petrus, des Apollos..." Paulus meint: ihre seid entweder alle in Christus, oder seid halt nicht. Und: "Prüft alles, das Gute behaltet!]
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@fiee
Weltanschauung kann man nicht 'wissenschaftlich' diskutieren. Man kann über Weltanschauungen wissenschaftlich diskutieren, als Metadiskussion. Letztlich fließen in jede Weltanschauung auch Werturteile ein, bewusst oder unbewusst. Eine bürgerliche Weltanschauung, die mit dem Kapitalismus klar kommt, kann zB die Gleichwertigkeit aller Menschen nicht anerkennen. Es sei denn mit einer Fähigkeit zur Vermeidung kognitiver Dissonanz, die man nur noch Heuchelei nennen kann.
Marx und Engels haben den Anspruch erhoben, dass eine 'wahre' Weltanschauung erstens frei von Widersprüchen der genannten Art zu sein habe und außerdem sich mit den Ergebnissen der (Natur-)Wissenschaft bringen lassen muss. Die Weltanschauung systematisch zu durchdenken heißt Philosophie und die Ergebnisse dann Ideologie (Marx'sches Verständnis).
Der philosophische Prozess ist unendlich, da immer neue Erkenntnis einfließt. Marx und Engels greifen dafür auf Hegels Beschreibung der Dialektik zurück und erheben sie in gewisser Weise zu einer Universalität, weil sie der Ansicht sind, viele/alle Entwicklunfsprozesse ließen sich damit beschreiben. Einige "Marxisten" haben daraus gemacht, dass "Dialektik" ein Naturgesetz wäre und damit die einzig erlaubte Form der Beschreibung von Entwicklung. Das ist, mit Verlaub, Blödsinn. Es gibt inzwischen von der Mathematik ganz andere Beschreibungswerkzeuge, die auch ihre Berechtigung (und Vorteile) haben.
Für uns ist aber das Beispiel der Dialektik als Beschreibung der Diskussion ganz brauchbar. Auch schon im Platonischen Sinne (Dialektik als Diskussionsmethode)
(...)